Antisense-Mittel „Nusinersen“ nach positiven klinischen Studien vor der Zulassung

Antisense-Mittel „Nusinersen“ nach positiven klinischen Studien vor der Zulassung
Das Antisense-Oligonukleotid „Nusinersen“, dessen Mangel die Ursache der Spinalen Muskeldystrophie ist, hat in ersten klinischen Studien die motorischen Symptome der betroffenen Patienten deutlich gelindert. Der Hersteller hat kürzlich eine Phase 3-Studie vorzeitig abgebrochen und die Zulassung in den USA und Europa beantragt.Die spinale Muskeldystrophie lässt sich in vier verschiedene Typen einteilen, der Schweregrad der Erkrankung ist also sehr variabel. Bei Typ I ist die motorische Entwicklung bereits im Säuglingsalter stark behindert. Die Kinder sind nicht in der Lage sich zu drehen oder aufrecht zu sitzen. Die meisten sterben in den ersten beiden Lebensjahren infolge einer Ateminsuffizienz oder an Infektionen. Bei Typ II können die Kinder sich aufrichten, allerdings ist es ihnen nicht möglich zu laufen. Auch bei Betroffenen des Typ II ist die Lebenserwartung begrenzt. Die leichteren Verlaufsformen Typ III und Typ IV ermöglichen das Gehen oder machen sich erst im Erwachsenenalter durch Lähmungen bemerkbar. Die Ausprägung der Erkrankung ist weitgehend davon abhängig, über wie viele Kopien des „Ersatz“-Gens SMN 2 die Betroffenen verfügen. SMN 2 ist durch die Genduplikationen aus SMN 1 entstanden. Da SMN 2 bei den meisten Menschen nicht benötigt wird, haben sich Genfehler eingeschlichen. Eine häufige Mutation führt dazu, dass beim Ablesen des Gens das Exon 7 übergangen wird. Das dann gebildete SMN-Protein ist weitgehend funktionslos.

Dort setzt das Medikament „Nusinersen“ an, das von der Firma “Ionis Pharmaceuticals“ aus Carlsbad/Kalifornien entwickelte wurde. Das Medikament verhindert durch Blockade eines repressiven Genabschnitts, dass das Exon 7 beim Spleißen, so bezeichnet man das Zusammensetzen der Messenger-RNA aus den einzelnen Exonen, übersprungen wird. Bei zu Studienzwecken untersuchten Mäusen mit einem SMN 1-Defekt verhindert das Medikament den Untergang der Motoneurone im Rückenmark.

Die ersten Kinder werden bereits seit November 2011 mit Nusinersen behandelt. Dies geschah im Rahmen von Phase 1- und Phase 2-Studien, die zunächst nur die Sicherheit im Blick haben und nach der optimalen Dosis suchen. Neurologen beobachteten bei den Studien bei 14 von 18 Kindern eine Verbesserung der Muskelfunktionen. Einige Säuglinge lernten, sich im Liegen herumzudrehen, aufrecht zu sitzen, Hände und Füße gezielt einzusetzen und am Ende sogar zu stehen oder zu gehen. Das sind laut Forschern Meilensteine in der Entwicklung, die Kinder mit infantiler spinaler Muskel­dysrophie normalerweise nicht erreichen. Auch die Autopsien der verstorbenen Patienten zeigten, dass „Nusinersen“ von allen Nervenzellen des Rückenmarks und des Hirnstamms aufgenommen wurde und zur Bildung von Messenger-RNA mit Exon geführt hat. In den Nerven des Rückenmarks war die Konzentration des SMN-Proteins erhöht. Alle diese Befunde sprechen für eine Wirksamkeit des Medikaments.

Quelle

13. Dezember 2016