Bei der Suche nach Auslösern dieser Krankheit ist jetzt ein internationales Team von Wissenschaftlern mit Würzburger Beteiligung fündig geworden. In die Studie eingeschlossen waren mehr als 15.000 Patienten mit ALS und 26.000 gesunde Teilnehmer zur Kontrolle. Mehr als acht Millionen genetische Variationen haben die Forscher im Erbgut der Studienteilnehmer gefunden, die über das ganze Genom verteilt waren. Zwei, bislang unbekannte Genvariationen konnten sie darunter identifizieren, die mit einem hohen Risiko für die Amyotrophe Lateralsklerose assoziiert sind.
„Diese Mutationen bestätigen vorangegangene Arbeiten der Würzburger Arbeitsgruppe am Institut für Klinische Neurobiologie“, sagt Professor Michael Sendtner, Inhaber des Lehrstuhls für Klinische Neurobiologie und Leiter des Instituts. Dort wird schon seit Jahren an den Ursachen für das unaufhaltsame Absterben der Nervenzellen geforscht. Im Mittelpunkt stehen Mechanismen, die die Stabilität und das Wiederauswachsen von feinsten Strukturen, sogenannten Mikrotubuli, in den für Bewegung verantwortlichen Motoneuronen regulieren. Der NEK1 Kinase kommt dabei eine zentrale Rolle zu.
Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler bereits 2014 zeigen, dass sogenannte neurotrophe Faktoren wie etwa der Ciliary Neurotrophic Factor (CNTF) die Mikrotubuli-Stabilität beeinflussen. Diese Faktoren stimulieren einerseits die Nervenzelldifferenzierung, andererseits sind sie für das Überleben von Nervenzellen mitverantwortlich. Involviert ist dabei ein Signalmolekül mit dem Namen STAT-3. Dieses Signalmolekül interagiert mit Stathmin, einem Molekül, das Mikrotubuli destabilisieren kann.
Stathmin wiederum interagiert mit anderen Filamenten im Axon, den Neurofilamenten. Diese bilden Aggregate in Axonen von ALS-Patienten wie auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen, beispielsweise bei Morbus Alzheimer, und diese Aggregate destabilisieren die Mikrotubuli. „Die Blockade von Stathmin mit Hilfe spezieller Wirkstoffe bietet sich somit als Ansatz für neue Therapien bei Motoneuronerkrankungen, und eventuell auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen an“, so Michael Sendtner.