Zweifellos können auch Ärzte von der Existenz der Internetportale profitieren. Gegen gestaffelte „Entgeltpakete“ bieten deren Betreiber die Möglichkeit zur optisch ansprechenden Vorstellung der eigenen Person (Titel, Qualifikation, Behandlungsschwerpunkte), der Praxis (Räumlichkeiten, Team) und der angebotenen Leistungen. Die Plattformen erlauben zudem regelmäßig die weit reichende Veröffentlichung zusätzlicher Praxisinformationen (Erreichbarkeit, Sprechstunden, Anfahrt etc.) sowie von Fotos und Fachpublikationen. Effektive Suchmaschinen-Optimierung und „Verlinkungen“ zur eventuell vorhandenen Praxishomepage sorgen dafür, dass die eigene Person wie die Wirkungsstätte im Netz an exponierter Position geführt und gefunden wird. Ein vollends positiver Eindruck ergibt sich durch die Eintragung vorteilhafter Bewertungen und Benotungen. Im besten Fall führt die Darstellung auf dem Ärzte-Portal so zur Gewinnung neuer Patienten.
Ein Profil mit den „Basisdaten“ jedes Arztes (Name, Titel, Berufsbezeichnungen, Adresse und Telefonnummer) findet sich im Verzeichnis einer jeden Bewertungsplattform, um Besuchern eine Bewertung der Person zu ermöglichen. Ein solches Vorhalten personenbezogener Daten ist auch bei Ärzten rechtlich zulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigte. Denn die Verwendung von Daten aus allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Gelbe Seiten) ist grundsätzlich erlaubt. Gerichte qualifizieren Bewertungseinträge zudem regelmäßig als Meinungsäußerungen, die sehr hohen rechtlichen Schutz genießen.
Wie des Öfteren betont wird, haben sich Ärzte heute insbesondere vor dem Hintergrund des Rechts auf freie Arztwahl dem auch zwischen Medizinern bestehenden Wettbewerb zu stellen. Zwar wird nicht bestritten, dass Interneteinträge geeignet sind, den sozialen und beruflichen Geltungsan¬spruch eines Bewerteten negativ zu beeinflussen. Andererseits hält die Rechtsprechung das öffentliche Interesse an Informationen über ärztliche Leistungen für ganz erheblich. Sie führt an, sich der einzelne Arzt wohl oder übel auf die Beobachtung durch die Öffentlichkeit sowie auf Kritik einstellen muss. Daher können Ärzte die Veröffentlichung ihrer betreffenden Daten in Profilform nicht verhindern.
Auf den Internetseiten der bekanntesten Bewertungsportale wird Patienten ermöglicht, Ärzte anhand eigener Erfahrung zu beurteilen. Die meisten Anbieter bedienen sich hierzu eines Schulnotensystems oder erlauben die Vergabe einer bestimmten Punktzahl. Die Bewertung erfolgt anonym, was der BGH inzwischen ebenfalls ausdrücklich gebilligt hat. Einem Bewerteten wird selbst im Falle einer Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte kein Anspruch auf Auskunft darüber zugebilligt, von wem eine Internetbewertung eigentlich stammt.
Häufig erhalten Portalnutzer die Gelegenheit, die (angebliche) Behandlung durch den bewerteten Arzt mit eigenen Worten zu kommentieren. Und genau dies birgt für Ärzte Gefahr. Denn der größte Nachteil, den die Existenz der Bewertungsplattformen für sie mit sich bringt, ist zweifellos die „abschreckende“ Wirkung negativer Patienteneinträge. Eine (meist bereits farblich hervorgehobene) schlechte „Benotung“ wird in der Regel durch die Nutzung der Kommentarfunktion noch erheblich verschlimmert. Schlagzeilen wie „sehr oberflächlich, sprach überhaupt nicht mit mir“, „geldgeil und äußerst inkompetent“ oder „unfähig beim Fettabsaugen“ erscheinen vielen Medizinern (zu Recht) als Albtraum.
Doch müssen Ärzte natürlich nicht alles in Internetportalen über sie Veröffentlichte widerspruchslos hinnehmen. Vielmehr kann der zuständige „Hostprovider“, also der Portalbetreiber, verpflichtet werden, auf seiner Website verfasste nicht regelkonforme Bewertungseinträge zu löschen. Denn dem Betroffenen steht ein Unterlassungsanspruch zu, wenn eine Beurteilung statt grundrechtlich geschützter Meinungsäußerungen falsche Tatsachenbehauptungen oder sog. unsachliche Schmähkritik beinhaltet. Im Falle einer Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede kann er auch Strafanzeige erstatten.
Vor diesem Hintergrund hat der BGH festgelegt, welche Pflichten den Betreiber eines Internet-Portals bei Beanstandung eines Eintrags wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung treffen. Die Regeln lassen sich auf Ärzte-Bewertungen wie folgt anwenden:
– Ein Portal-Betreiber ist nicht grundsätzlich verpflichtet, von Nutzern eingestellte Beiträge zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt und muss bei dem konkreten Hinweis eines Betroffenen tätig werden.
– Geht ein solcher Hinweis ein, hat der Provider den tatsächlichen Sachverhalt zu ermitteln die Beanstandung dem Verfasser zur Stellungnahme weiterzuleiten.
– Erklärt sich der angebliche Patient daraufhin nicht, ist sein Online-Beitrag zu löschen.
– Meldet sich der Verfasser hingegen konkret zurück, hat der bewertete Arzt die Verletzung seiner Rechte zu beweisen. Äußert er sich dann selbst nicht mehr, ist keine Löschung veranlasst.
– Ergibt sich aber aus der weiteren Stellungnahme des betroffenen Arztes und/oder vorgelegten Belegen die Rechtsverletzung, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
Der Ärzteschaft ist anzuraten, aus dem bisweilen Unangenehmen das Beste zu machen, die einschlägigen Plattformen zur vorteilhaften Eigendarstellung zu nutzen und zufriedene Patienten zur Positivbenotung anzuhalten. Vollkommen unnötig wäre es jedenfalls, die Portalthematik einfach „links liegen“ und Einträge gegen sich sprechen zu lassen, die aufgrund ihres rechtswidrigen Inhalts gar nicht (mehr) vorhanden und einsehbar sein dürften.
Dortmund, den 29.03.2015
gez. Tim Hesse, Rechtsanwalt