Neue zielgerichtete Krebstherapien, also Medikamente, die sich gezielt gegen Tumorzellmerkmale richten und dadurch deren Wachstum bremsen, entwickeln sich rasant. Dadurch steigen die Anforderungen an die Molekulardiagnostik, die wichtige Daten für die patientenspezifische Behandlung liefert. „Zielgerichtete Therapien können nur dann erfolgreich sein, wenn sie passgenau auf den Tumor des einzelnen Patienten zugeschnitten sind“, sagt Prof. Albrecht Stenzinger vom Molekularpathologischen Zentrum. „Ähnliche Entwicklungen werden wir in naher Zukunft auch im Bereich der Immunonkologie erleben.“ Hier greifen Medikamente nicht den Tumor selbst an, sondern aktivieren das Immunsystem, Krebszellen zu bekämpfen.
Die kombinierte DNA/RNA-Analyse ist mit kleinsten Probenmengen im Rahmen der Routinediagnostik durchführbar. „Durch eine gezieltere Auswahl der Therapie lässt sich beim Lungenkarzinom die Ansprechrate auf die Therapie sowie die Zeit ohne Fortschreiten der Erkrankung – im Vergleich zur Chemotherapie – zumindest verdreifachen“, sagt Prof. Dr. Michael Thomas von der Thoraxklinik.
Lungenkrebs zählt weltweit zur häufigsten Ursache für Tod durch Krebs, wobei etwa 80 bis 85 Prozent aller Fälle zum Typ des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) gehören. Die Lebenserwartung liegt im fortgeschrittenen Stadium trotz Chemotherapie unter 1,5 Jahren. Einige Patienten profitieren von der Entwicklung der Tyrosinkinase-Inhibitoren, andere von Ansätzen aus der Immunonkologie, wie den Checkpoint-Inhibitoren. Zur Verbesserung der Lebenserwartung aller Patienten sind dringend weitere Therapieansätze erforderlich.
„Unsere Analysen erlauben einen tiefen Blick in die molekularen Grundlagen der einzelnen Erkrankung. Das ermöglicht nicht nur eine verbesserte Therapieauswahl, sondern auch die Entwicklung neuer translationaler Ansätze für die Zukunft“, sagt Prof. Dr. Thomas.
Das Molekularpathologische Zentrum des Universitätsklinikums Heidelberg gehört zu den europaweit führenden Einrichtungen in der molekularen Diagnostik bei Krebserkrankungen. Next-Generation Sequencing ist Teil der Routinediagnostik und lässt sich auf verschiedene Tumore anwenden.
An dem aktuell veröffentlichten Projekt waren auch Kollegen aus dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen NCT Heidelberg, dem Universitätsklinikum Freiburg und den peripheren klinischen Lungenzentren in Esslingen und Löwenstein beteiligt. Darüber hinaus werden derzeit in einem größeren Projekt Daten zu Hautkrebs (Melanom), Leberkrebs, Prostatakrebs und CUP (cancer of unknown primary) erarbeitet. Das Universitätsklinikum Heidelberg stellt dafür eine Plattform für den raschen Einschluss von Patienten in klinische Studien zur Verfügung.Quelle: www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de