Volkskrankheit mit tödlichem Verlauf
„Das A und O bei dieser Krankheit ist es, die körperliche Leistungsfähigkeit so gut wie möglich zu erhalten, um das Fortschreiten der Krankheit zu verzögern oder sogar teilweise aufzuhalten. Medikation, geeignete Therapien und angepasste Lebensweise bilden hier ein individuelles Behandlungspaket. Leider weiß ich ganz genau, dass ich die COPD vom Rauchen habe, da bin ich wohl nicht der einzige“, merkt Stolzenburg an.
Nahezu alle COPD-Patienten sind Raucher, ehemalige Raucher oder dem Passiv-rauchen ausgesetzte Menschen. Rauchen führt zu einer hohen Konzentration an freien Sauerstoffradikalen (Superoxide, Wasserstoffperoxid, hypochlorige Säure) im Atemtrakt. Des Weiteren werden die körpereigenen Schutzmechanismen gegen das „Selbstverdauen“ der Lunge durch die zahlreichen Inhaltsstoffe des Tabakrauches negativ beeinträchtigt,
„Insgesamt habe ich in 14 Jahren an sechs verschiedenen Medikamenten- und Langzeit-Studien teilgenommen, meist bei der Uniklinik Köln“, beschreibt Michael Stolzenburg. „Durch die engmaschige ärztliche Kontrolle und die regelmäßigen Fitnesstests war ich immer über meinen aktuellen Krankheitszustand informiert. Ich hatte bestimmt die beste ärztliche Betreuung. Allerdings habe ich mich leider in falscher Sicherheit gewiegt. Damals beeinträchtigte mich die COPD kaum; mir wurde stets ein hervorragender körperlicher Zustand für mein Erkrankungsstadium attestiert. Daher habe ich viel zu lange nichts an meiner Lebensweise geändert“, meint der 55-Jährige. 2005 lernten sich Michael und Daniela kennen und lieben. „Anfangs nahm ich seine Krankheit gar nicht so ernst“, erinnert sich die studierte Sozialarbeiterin, „er sah ja so fit und gesund aus als ich ihn kennenlernte und wir haben viel zusammen unternommen.“ Im Jahr 2010 kam dann der große Schock: Reha, Infekt, Intensivstation: „Die Krankheit hat sich rapide verschlimmert und ich wurde erwerbsunfähig“, beschreibt Stolzenburg. Außerdem benötigte er aufgrund einer Schlafapnoe nachts ein CPAP-Gerät. Mit 52 Jahren wurde er Frührentner. Seit einer erneuten REHA 2012 ist er auf Langzeit-Sauerstoff-Therapie angewiesen. Im Mai 2014 kam dann die Maskenbeatmung dazu.
Heute Abend hat Michael Stolzenburg ein tragbares Gerät dabei, das bei jedem Atemzug Sauerstoff über seine Nasenbrille abgibt. „Ich benötige zwei bis drei Liter Sauerstoff pro Minute. Mein Gerät ermöglicht mir bei dieser Einstellung, mich ca. fünf bis sechs Stunden außer Haus zu bewegen“, erklärt der begeisterte Katzen- und Fußballfan. „Ein BIPAP-Gerät übernimmt nachts die Atemarbeit. Meine Atemmuskulatur schafft das alleine nicht mehr, ich kann das überschüssige CO2 nicht ausreichend abatmen. Anfangs war es ein bisschen gewöhnungsbedürftig, meinen eigenen Atemreflex zu überlisten und nicht gegen das Gerät zu arbeiten. Mit ein bisschen Übung habe ich gelernt, mich dem Gerät zu überlassen und genieße die Entlastung. Glücklicherweise muss ich noch nicht 24 Stunden unter die Maske. Meist reicht es aus, wenn ich mich nur nachts beatmen lasse. Allerdings genieße ich es auch, während eines erholsamen Mittagsschlafes mit meiner Maske Kraft zu tanken“, so Stolzenburg.
„Mithilfe meiner Medikamente, Geräte und vor allem meinem aktiven Umgang mit der COPD ist es mir und meiner Frau möglich, ein zwar eingeschränktes, aber doch weitestgehend normales Leben zu führen. Ich kümmere mich im Rahmen meiner Möglichkeiten um den Haushalt, beschäftige mich mit unseren beiden Katzen und versuche mich so viel wie möglich zu bewegen. An guten Tagen „schleiche“ ich sogar mit dem Hund meiner Exfrau oder mit meinem Enkel durch den Stadtpark – immer von einer Bank zur nächsten.“ schmunzelt Herr Stolzenburg. „Kurze Reisen, Ausflüge und Treffen mit Freunden verlangen heute mehr Planung als früher, sind aber immer noch möglich. Und vor allem engagiere ich mich sehr für unsere COPD-Selbsthilfegruppe.“
Selbsthilfegruppen – Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige
Mitte 2011 übernahm Michael Stolzenburg mit seiner Frau Daniela die Leitung der Selbsthilfegruppe atemlos Köln. „Aktuell finden monatlich drei Treffen statt: Jeweils eines links- und rechtsrheinisch und ein Termin für Erstinteressierte und Ratsuchende“, definiert Stolzenburg. „Außerdem bieten wir viele Informationen auf unserer Homepage www.selbsthilfeatemlos.de und sind telefonisch und per Mail für Fragen ansprechbar.
Regelmäßige jährliche Veranstaltungen der Selbsthilfegruppe atemlos Köln sind die Teilnahmen am Symposium Lunge in Hattingen, am „Tag des Schlafes“ im Severinsklösterchen und dem Deutzer Patiententag. Hinzu kommen Info-Stände bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen in Kölner Krankenhäusern, „Außerdem gibt es eine Studenteninitiative gegen Tabak e.V. (Medizinstudenten, die an Schulen gehen und über die Gefahren des Rauchens aufklären). Hier in Köln un terstützen wir diese Initiative vor Ort durch Aufklärung über COPD und deren Auswirkungen“, freut sich Herr Stolzenburg.
Das mexikanische Lokal füllt sich langsam mit Gästen und es wird um uns herum immer lauter, deshalb stelle ich meine letzte Frage: Was ist Ihnen wichtig? Herr Stolzenburg denkt kurz nach und lässt dann seine Frau antworten: „Bitte erwähnen Sie unbedingt, dass uns die Erhaltung der eigenen Lebensqualität besonders wichtig ist“, sagt Daniela Stolzenburg. „Wir sagen zum Beispiel „Ich gehe mal ’ne Runde fliegen“, wenn Michael ans Beatmungsgerät geht. Nachts hebt er ab und sieht mit seiner Beatmungsmaske aus wie ein Star-Fighter Pilot. Unseren Humor, den verlieren wir nie, denn der ist uns am Wichtigsten. Er erleichtert auch den manchmal schweren Alltag mit der COPD“, bemerkt Frau Stolzenburg und lächelt dabei ihren Ehemann an.