Mein Tag beginnt mit der Übergabe vom Nachtdienst zum Tagdienst. Der Kunde schläft noch, als ich von meinem Kollegen Thomas Altrichter begrüßt werde. „Frag, wenn du was wissen willst“, sagt er und fängt gleich an zu erzählen. Von ihm erfahre ich das wichtigste über den Kunden und seinen Tagesablauf. Er leidet unter ALS und kann sich weder bewegen noch sprechen. Im Laufe des Tages staune ich immer wieder darüber, wie gut die Verständigung trotzdem funktioniert. Die beiden sind offenbar ein gut eingespieltes Team.
Der Tag ist gefüllt: Allein die Grundpflege – duschen, Zähne putzen, rasieren – dauert rund zweieinhalb Stunden und ist schweißtreibende körperliche Arbeit. Anschließend kommt die Physiotherapeutin. Währenddessen erklärt Thomas Altrichter mir die Dokumentation und warum sie für ihn eine Arbeitserleichterung ist. Beim Anziehen unterhält er sich mit dem Kunden und bezieht immer wieder die ungewohnte Besucherin ins Gespräch mit ein.
Spannende technische Hilfsmittel
Bemerkenswert sind für jemanden, der immer in Büros gearbeitet hat, auch die technischen Hilfsmittel, die in der Außerklinischen Intensivpflege eingesetzt werden. Schon der Lifter, mit dessen Hilfe der Kunde vom Bett in den Rollstuhl kommt, ist spannend. Den Rollstuhl kann der Kunde selbst steuern. Über ihn kann er auch die Maus seines Rechners steuern. Alternativ kann er die Maus auch mit den Augen bewegen. Das alles erklärt er mir selbst am Rechner.
Beeindruckend und über diesen langen Tag hinweg immer gleich sind aber vor allem Geduld und Humor des Kollegen und die Fürsorglichkeit, mit der er dem Kunden begegnet. Der Nachmittagskaffee ist ein wichtiges Ritual für den Kunden, obwohl er ihn nicht mehr selbst trinken kann. Deshalb stellt Thomas Altrichter ihm den Kaffee auf den Schreibtisch, damit er ihn riechen kann. Mit dem Gefühl „hier wäre ich selbst auch gut aufgehoben“ verabschiede ich mich am Abend von Thomas Altrichter.
Auch mit Berührungsängsten in die Pflege
Alle Mitarbeiter der Zentralen Verwaltung des Pflegeteams Bennerscheidt – von den Auszubildenden bis zur Geschäftsführung – waren aufgefordert, einen Tag in der Pflege zu verbringen. Die meisten sind dieser Aufforderung gern gefolgt, auch einige, die durchaus Berührungsängste hatten. „Ich hatte sehr großen Respekt vor dem Tag in der Pflege“, sagt die Auszubildende Bürokauffrau Anna Müller, „aber ich bin froh, dass ich diese Erfahrung gemacht habe“.
Respekt und Humor beeindruckten
Alle berichten davon, dass sie beeindruckt von Respekt und Freundlichkeit waren, aber auch von Natürlichkeit und Humor im Umgang. „Die Kunden scheinen sich in der außergewöhnlichen Atmosphäre sehr wohl zu fühlen, was ich gut verstehen kann“, beschreibt Carsten Lingnau seinen Eindruck. Wie sehr die Kollegin die Würde der Kundin als Frau betonte, indem sie ihr ihren Schmuck anzog und die Fingernägel lackierte, blieb Anke Blaeser am nachhaltigsten in Erinnerung.
Wertschätzung für die pflegenden Kollegen, ein Gefühl für die Arbeit zu entwickeln, die das Unternehmen trägt – ihre Ziele hat die Aktion zum Tag der Pflege erreicht.