Lungenkrebs-Screening: Frauen profitieren erheblich

Lungenkrebs-Screening: Frauen profitieren erheblich
Ist die Computertomographie geeignet, Lungenkrebs in einem sehr frühen und damit noch gut behandelbaren Stadium zu erkennen? Das haben Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum mit der 2007 gestarteten LUSI-Studie untersucht. Nun liegen die Ergebnisse der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und von der Dietmar Hopp Stiftung finanzierten Studie vor: Bei beiden Geschlechtern zusammengenommen reduzierte das Screening die Lungenkrebssterblichkeit leicht, aber nicht signifikant. Bei den Frauen dagegen beobachteten die Forscher eine signifikante Reduktion des relativen Risikos um 69 Prozent. Die Ergebnisse bestätigen vergleichbare europäische Studien, die zusammengenommen starke Argumente für die Einführung eines systematischen Lungenkrebs-Screenings für Hochrisikogruppen liefern.
Hinter der Abkürzung LUSI verbirgt sich die German Lung Cancer Screening Intervention-Studie. Etwa 4000 Menschen aus Heidelberg, Mannheim, Ludwighafen, dem Rhein-Neckar- sowie dem Neckar-Odenwald-Kreis, die eine jahrzehntelange Raucherkarriere hinter sich hatten, nahmen seit 2007 an der Studie teil. Die Hälfte der 50 bis 69 Jahre alten Teilnehmer unterzog sich über vier Jahre jährlich einer Niedrigdosis-Mehrschicht-Computertomographie (MSCT), die trotz geringer Strahlendosis aussagekräftige Bilder liefert.
LUSI wurde vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Heidelberg geleitet. Mit der Studie wollten die Forscher prüfen, ob die MSCT geeignet ist, bei Menschen mit hohem Risiko Lungenkrebs, der noch keine Symptome bereitet, früh und damit in einem möglicherweise noch heilbaren Stadium zu entdecken.
Während der Beobachtungszeit von im Mittel 8,8 Jahren wurden in der Screening-Gruppe 85 Lungenkarzinome entdeckt, 67 waren es in der Kontrollgruppe. Am Lungenkrebs verstarben 29 der Screening-Teilnehmer sowie 40 Patienten aus der Kontrollgruppe. Damit war das lungenkrebsspezifische Sterberisiko mit Screening zwar um 26 Prozent niedriger, doch der Unterschied nicht statistisch signifikant.
Berechneten die Forscher allerdings separat die Lungenkrebssterblichkeit der weiblichen LUSI-Teilnehmerinnen, so ergab sich eine signifikante Risikoreduktion von 69 Prozent in der Screening-Gruppe.
Parallel zu LUSI liefen in Italien, Dänemark, Belgien und den Niederlanden fünf weitere, teilweise kleinere Studien zur Lungenkrebs-Früherkennung per CT. Auch hier zeigte sich tendenziell, dass Frauen stärker von Screening profitieren, doch wurde auch bei Männern eine signifikante Risikoreduktion beobachtet.
„Wir müssen die LUSI-Ergebnisse im Kontext der anderen europäischen Untersuchungen betrachten. Jede dieser eher kleinen Studien ist für sich allein nicht sehr aussagekräftig. Doch zusammengenommen ist die Evidenz jetzt eindeutig zugunsten der Einführung eines systematischen Lungenkrebs-Screenings für Hochrisikogruppen in Europa“, erläutert DKFZ-Epidemiologe Rudolf Kaaks, der die Auswertung von LUSI leitete.
Lungenkrebs ist die führende Krebstodesursache, da die Diagnose meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt wird. Dadurch sterben 85 bis 90 Prozent der Patienten im Laufe von fünf Jahren nach der Diagnose. Wird die Erkrankung dagegen frühzeitig entdeckt, können bis zu 70 Prozent der Betroffenen mindestens fünf Jahre überleben.
Doch wie erklären sich die Forscher die europaweit beobachteten Differenzen zwischen den Geschlechtern bei der Reduktion der Lungenkrebssterblichkeit? Lungenkrebs ist eine vielgestaltige Erkrankung; die Tumoren nehmen in verschiedenen Zelltypen des Lungengewebes ihren Ursprung. Die weiblichen LUSI-Teilnehmerinnen erkrankten deutlich häufiger an einem Adenokarzinom der Lunge als die männlichen Probanden. „Es ist möglich, dass sich diese Krebsart besonders effizient im früheren Stadium nachweisen lässt, einfach, weil sie häufig im peripheren Lungengewebe auftritt, wo sie in einer CT-Untersuchung leicht nachweisbar ist. Andere Arten von Lungenkrebs entstehen häufig zentral an den Bronchien, wo sie auch mit der CT erst auffallen, wenn sie größer sind“, erklärt Stefan Delorme, der leitende Radiologe der Studie.
Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum
15. Juli 2019