Lungenversagen wird oft nicht erkannt

Jeder 10. Intensivpatient leidet an einem akuten Lungenversagen (ARDS). Doch häufig wird die lebensgefährliche Komplikation nicht erkannt, und lebensrettende Maßnahmen bleiben aus. Dies zeigte eine weltweite Studie, die auf dem Jahreskongress der Society of Critical Care Medicine vorgestellt wurde.Durch ein Lungenversagen wird die Sauerstoffaufnahme in der Lunge so weit eingeschränkt, das die ausreichende Versorgung der verschiedenen Körpergewebe nicht mehr gewährleistet ist. ARDS ist eine lebensbedrohende Komplikation. Durch frühzeitiges Ergreifen von Maßnahmen, kann jedoch das Schlimmste verhindert werden.
Zu diesen Interventionen gehört u.a. die frühzeitige mechanische Beatmung mit positiv-endexspiratorischem Druck und einem reduzierten Tidalvolumen, maximal 6 ml/kg ideales Körpergewicht. Zudem sollte der Patient in die Bauchlage gebracht werden. Diese Maßnahmen können jedoch nur ergriffen werden, wenn das Lungenversagen frühzeitig erkannt wird.

Die Diagnose eines ARDS ist oft kompliziert.
Seit 2012 die Berlin-Definition eingeführt wurde, darf eine Funktionsstörung des Herzens lediglich mit einer Echokardiographie ausgeschlossen werden. Die Berlin-Definition legt auch klare Kriterien für den Schweregrad des Lungenversagens fest. Ein niedriger PaO2/FiO2, 100 mmHg oder weniger, zeigt ein schweres ARDS an. Im Bereich von 101–200 mmHg liegt ein mittelschweres ARDS und bei einem PaO2/FiO2 von 201–300 mmHg ein leichtes ARDS vor.

Die verhältnismäßig einfachen Kriterien ermöglichten es dem Team um John Laffey vom St. Michael’s Hospital in Toronto, die Inzidenz des Lungenversagens in einer globalen Studie auf 459 Intensivstationen in 50 Ländern zu bestimmen. Die Daten von fast 30.000 Patienten wurden bei der Studie „Large Observational Study to Understand the Global Impact of Severe Acute Respiratory Failure“ (LUNG SAFE) ausgewertet. Um saisonale Erkranken wie z.B. grippale Infekte zu berücksichtigen, fand die Untersuchung auf der nördlichen Erdhalbkugel im Februar/März 2014 statt. Die Kliniken auf der südlichen Erdhalbkugel beteiligten sich im Juni/August 2014.

Von 29.144 Patienten erfüllten 10,4 Prozent die ARDS-Kriterien. Von ihnen entwickelten 2.377 Patienten in den ersten 48 Stunden auf der Intensivstation ein ARDS. Der Schweregrad war bei 30,0 Prozent der Patienten schwach, bei 46,6 Prozent mittelschwer und bei 23,4 Prozent schwer. Die Diagnose des ARDS wurde jedoch in 40 Prozent der Fälle nicht in den Krankenakten notiert. John Laffey, der die Studie durchführte, vermutet, dass die Ärzte das akute Lungenversagen ihrer Patienten nicht erkannt haben. Lediglich 51 Prozent der milden ARDS wurden diagnostiziert, während das schwere ARDS zu 78,5 Prozent erkannt wurde.

Quelle

1. März 2016