Rückruf Philips-Respironics; gemeinsame Empfehlungen von DGP, DIGAB, DGSM und BdP

Rückruf Philips-Respironics; gemeinsame Empfehlungen von DGP, DIGAB, DGSM und BdP


Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB), der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und -medizin (DGSM) und dem Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP) gibt folgende Empfehlungen bezüglich der Philips-Rückrufnachricht. (5. Juli 2021)

Die Firma Philips Respironics hat am 17.06.2021 eine Sicherheitsmitteilung herausgegeben, nach welcher der in den CPAP-Geräten und Beatmungsgeräten benutzte polyesterbasierte Polyurethanschaum theoretisch zweierlei Probleme verursachen kann: Zum einen können sich Partikel lösen und in die Atemwege gelangen, zum anderen enthält der Schaum Chemikalien, die eingeatmet werden können. Weitere Informationen inklusive einer Liste der betroffenen Geräte finden Sie unter https://www.usa.philips.com/healthcare/e/sleep/communications/src-update

DGP, DIGAB, DGSM und BdP empfehlen nach enger Absprache mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) folgendes Vorgehen:
Es wird grundsätzlich davon abgeraten, dass Patientinnen oder Patienten ihre Therapie ohne Absprache mit ihren behandelnden Ärztinnen oder Ärzten verändern oder beenden. Für alle folgenden Punkte – sowohl bei Beatmung als auch Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen – gilt:
Die konkrete Vorgehensweise beim einzelnen Patienten bleibt der gemeinsamen Abwägung von Patienten und Ärzten vorbehalten, die individuelle Faktoren wie Schweregrad der Erkrankung, begleitende Risikofaktoren, Lebensalter und Krankheitsdauer berücksichtigen sollen.

Nicht-invasive und invasive Beatmung
Bei Patientinnen und Patienten mit einer außerklinischen invasiven oder nicht-invasiven Beatmung zur Therapie der hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz sollen grundsätzlich im Rahmen ihrer nächsten stationären Kontrolluntersuchung die Geräte ausgetauscht oder umgerüstet werden.

Allerdings sollen Patientinnen und Patienten mit einer außerklinischen Beatmung Kontakt mit ihrem Beatmungszentrum aufnehmen, um zu prüfen, ob im Einzelfall ein früherer Austausch oder eine Umversorgung ärztlich indiziert sind. Dies gilt insbesondere bei pädiatrischen Patientinnen und Patienten.

Eine Umrüstung und insbesondere ein Austausch von Beatmungsgeräten ohne ärztliche Überprüfung der Behandlung ist bei außerklinischer Beatmung obsolet. Hier sind zudem die Leitlinien der DGP zu beachten (Windisch W. et al. „Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“. S2k – Leitlinie: Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz – Revision 2017. Pneumologie 2017; 71:722-795.)

Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen (SBAS)
Bei Patientinnen und Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe mit relevanter klinischer Symptomatik, kardiovaskulären oder metabolischen Begleiterkrankungen oder einer hohen Zahl respiratorischer Ereignisse vor Therapiebeginn (AHI >30) soll ebenfalls grundsätzlich im Rahmen ihrer nächsten Kontrolluntersuchungen im Schlaflabor das Gerät umgerüstet oder unter Überwachung ausgetauscht werden.

Auch hier gilt, dass die betroffenen Patientinnen und Patienten Kontakt mit ihrem Schlaflabor oder Schlafmediziner/in aufnehmen (auch Somnologen und Ärzten, die die Berechtigung zur Erbringung der ambulanten kardiorespiratorischen Polygraphie besitzen), um zu prüfen, ob im Einzelfall eine frühere Umrüstung oder ein Austausch ärztlich indiziert ist.

Sollte im Einzelfall ein notwendiger Austausch eines CPAP/APAP-Gerätes bei obstruktiver Schlafapnoe nicht unmittelbar unter Überwachung möglich sein, ist zunächst eine unüberwachte Umversorgung möglich. In diesem Fall muss eine Überprüfung der Therapie zum nächstmöglichen Zeitpunkt nachgeholt werden. Dies kann nach Ermessen des Arztes oder der Ärztin als Polygraphie oder Polysomnographie erfolgen.

Dies gilt nicht für Patienten und Patientinnen mit relevanten zentralen SBAS sowie für Patienten und Patientinnen mit komplexen Therapien (BPAP-S, BPAP-ST, adaptive Servoventilation), bei denen die Umversorgung unter Überwachung im Schlaflabor zu erfolgen hat.

Bei Patienten und Patientinnen mit geringer Symptomatik, geringen Begleitkrankheiten sowie geringer Anzahl von Ereignissen vor Therapiebeginn (AHI <30/h) soll anstelle einer auch nur zeitlich befristeten Weiternutzung des bestehenden Gerätes eine alternative Therapie erwogen werden (z.B. Unterkiefer-Protrusionsschiene) bis eine Umversorgung oder Umrüstung des bestehenden Gerätes möglich ist.

Die Umstellung auf eine andere Therapieform bedarf der Überprüfung, die nach Ermessen des Arztes oder der Ärztin als Polygraphie oder Polysomnographie erfolgen kann.

Zur Vermeidung der Inhalation partikulärer Substanzen sollen hydrophobe (elektrostatische) Filter eingesetzt werden. Nach dem Produktdatenblatt der Respironics-Filter sollte die Resistance bei einem Fluß von 0,5 l/sec bis 0,7 cm H2O/ l/ sec betragen. Bei der Benutzung von Filtern sollen Befeuchter nicht zum Einsatz kommen, da die Filter sich sonst sehr schnell zusetzen. Ohne Befeuchter ist ein Wechselintervall von einer Woche möglich.

Aufgrund der Knappheit von Bakterienfiltern sollen die Patientinnen und Patienten mit längerer Wartezeit bis zur Umversorgung mit Priorität behandelt werden.

Auf die S3-Leitlinie Schlafbezogene Atmungsstörungen sei verwiesen (Teilaktualisierung: Stuck A et al. Somnologie 2020; DOI 10.1007/s11818-020-00257-6).

Allgemeine Aspekte
Diese Empfehlungen basieren auf dem aktuellen Wissensstand vom 5.7.2021. Der Vorstand der DGP steht weiterhin in sehr engem Kontakt mit dem BfArM sowie mit der Firma Philips und den Providerfirmen, um nähere Informationen zum tatsächlichen Risiko zu erhalten. Darüber werden wir Sie weiter regelmäßig informieren.

Alle Aufklärungsgespräche mit Patienten, z.B. hinsichtlich Nachrüstung oder Gerätetausch, sind zu protokollieren.

Von der DGP können keine Aussagen zu Haftungsregelungen und Übernahmen von Kosten getroffen werden.

Federführung:

Prof. Dr. Winfried Randerath, Prof. Dr. Wolfram Windisch

  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP): Prof. Dr. T. Bauer
  • Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB): Dr. B. Schucher
  • Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und -medizin (DGSM): Prof. Dr. T. Penzel
  • Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP): Dr. F. Heimann

Empfehlungen zum Download als pdf https://digab.de/wp-content/uploads/2021/07/2021-07-05_Empfehlung_Philips-Rueckruf.pdf

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin e.V. (DGP)

5. Juli 2021