Die Arbeit an realen Projekten mit Kliniken ist ein wesentliches Merkmal des Studiengangs Medizininformatik. Um Unterstützung wurden die Studenten aus dem in Senftenberg ansässigen Institut für Medizininformatik der BTU von Prof. Dr. med. Marcelo Gama de Abreu und Dr. Anja Braune vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden gebeten. Sie arbeiten in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie und forschen an der Optimierung der mechanischen Beatmung, insbesondere im Rahmen des akuten Lungenversagens. Somit stehen die BTU-Studenten Nico Gerhardt und Igor Nesterow den Wissenschaftlern bei der Lösung schwieriger Probleme zur Seite.
„Um den Schädigungsgrad der Lunge erkennen zu können, werden dreidimensionale Aufnahmen des Körpers mit einem Computertomographen (CT) erfasst. Hierfür nehmen wir circa 200 bis 510 Schnittbilder auf. Diese Schnittbilder beinhalten jedoch nicht nur die Lunge, sondern auch alle umliegenden Organe und Strukturen, wie Herz, Rippen, Wirbelsäule, Zwerchfell sowie die Luft- und Speiseröhre“, erklärt Dr. Anja Braune. Für die Diagnose müssen die Wissenschaftler deshalb in jedem einzelnen Schnittbild die Lunge erkennen und kennzeichnen. Bei schwer geschädigten Lungen geschieht dies noch überwiegend per Hand und dauert bis zu sechs Stunden pro 3D-Aufnahme.
Die Studenten Nico Gerhardt und Igor Nesterow arbeiten an der BTU intensiv daran, dass diese Verfahrensweise bald der Vergangenheit angehört. Fachlich unterstützt werden die Studenten von Tobias Steinmetzer, der wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizintechnologie ist, sowie von Prof. Dr.-Ing. Martin Weigert und Prof. Dr.-Ing. Ingrid Bönninger, die im Studiengang Medizininformatik Grundlagen der Informatik, mathematische Grundlagen beziehungsweise Softwareengineering lehren.
„Es macht uns stolz, im Studium ein so anspruchsvolles Projekt zu realisieren, das einen realen Nutzen hat“, sagt Nico Gerhardt.
Der Name des Computerprogramms, DICOM-Analyser, basiert auf der Abkürzung für Digital Imaging and Communications in Medicine, einem offenen Standard für die Speicherung und den Austausch von Informationen im medizinischen Bilddatenmanagement. Mit dem in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der TU Dresden entwickelten Programm [1] werden auf CT-Bildern gesunde und geschädigte Teile der Lunge automatisch erkannt. Eine wesentliche Information ist hierfür die von dem englischen Elektrotechniker und Nobelpreisträger für Medizin, Godfrey Hounsfield (1919-2004), entwickelte Hounsfield-Skala. Mittels dieser Skala können die Werte der CT-Bilder den verschiedenen Organen und Strukturen zugeordnet werden. Ausschlaggebend ist dabei die jeweilige Dichte. Je dichter ein Objekt ist, desto höher ist auch der Wert auf der Hounsfield-Skala. Deren praktisch genutzter Bereich liegt zwischen minus 1024 und plus 3071 Hounsfield-Einheiten (HU). Speziell für die Lunge reicht dieser von etwa minus 1000 bis 0 HU.