Bislang konnten Betroffene mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege aus § 37 Absatz 2 SGB V regelmäßig einen Anspruch auf eine häusliche Intensivpflege zuhause in den eigenen vier Wänden ableiten. Künftig soll laut Artikel 1 Nr. 2. des vorgelegten Entwurfs zum RISG die „Außerklinische Intensivpflege“ in einem neu einzufügenden § 37 c SGB V geregelt werden. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass alle Versicherten ab Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich nur noch einen Anspruch auf außerklinische Intensivpflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen oder in speziellen Wohneinheiten haben werden. Nur noch in gesetzlich nicht näher definierten Ausnahmefällen, nämlich wenn die Pflege vollstationär nicht möglich oder nicht zumutbar sein soll, haben die Betroffenen die Möglichkeit häusliche Intensivpflege in Anspruch zu nehmen.
Lediglich Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr sollen die Möglichkeit haben, zu Hause im Kreis der Familie intensivpflegerisch versorgt zu werden. Mit Erreichen der Volljährigkeit sieht der Gesetzesentwurf auch für diese schwerkranken Menschen nur noch die regelhafte Versorgung in vollstationären Einrichtungen oder speziellen IntensivpflegeWohneinheiten vor. Was sich der Gesetzgeber bei der Einführung dieser willkürlich erscheinenden Altersgrenze in diesem Zusammenhang gedacht hat, bleibt sowohl für die Betroffenen als auch für uns als langjährig erfahrener Leistungserbringer unklar. Ein Abgleich mit den tatsächlichen Lebenswirklichkeiten von schwerkranken Menschen wurde – so scheint es – nicht vorgenommen.
Da der Entwurf faktisch zu einer Abschaffung der häuslichen Intensivpflege für Erwachsene führt und damit zu einer massiven Einschränkung der Selbstbestimmung, wird er von ProSpiro Intensivpflege auch aus verfassungsrechtlichen Gründen massiv kritisiert. Aus unserer Sicht ist die vorgeschlagene Neuregelung zur außerklinischen Intensivpflege hinsichtlich Art. 2, Art. 3 sowie Art. 6 und Art. 11 des Grundgesetzes problematisch. Es ist nicht einsichtig und diskriminierend, wenn Menschen, die aufgrund ihrer schweren Erkrankung beatmet werden müssen und deshalb auf professionelle pflegerische Unterstützung angewiesen sind, ihren Aufenthaltsort nicht mehr frei bestimmen dürfen. Vielmehr sollen diese Menschen ihr Leben grundsätzlich vollstationär fristen. Wir halten es für verfassungsrechtlich unhaltbar, dass beatmete oder intensivpflichtige Menschen nicht mehr in und mit ihren Familien leben dürfen und die für sie lebensnotwendige Pflege nur noch vollstationär in Pflegeheimen erhalten.
Zudem läge ein Verstoß gegen Art. 19 der UN-Behindertenrechtskonvention vor, wonach Menschen mit Behinderungen in Deutschland das Recht, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben.
Darüber hinaus widerspricht der vorgelegte Entwurf diametral dem Leitgedanken der Inklusion von behinderten, kranken Menschen und führt im Übrigen zu einer Abkehr vom Grundsatz des Vorrangs ambulant vor stationär. Sollte die Bundesregierung tatsächlich eine Abkehr von diesem Grundsatz beabsichtigen, muss aus unserer Sicht vorab eine gesamtgesellschaftliche Grundsatzdiskussion dazu stattfinden.
Hinsichtlich des von den Betroffenen zu führenden Nachweises der Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit einer vollstationären Versorgung hätten sich die Betroffenen nach dem vorgelegten Entwurf der Beurteilung und des Ermessensspielraumes eines einzelnen Sachbearbeiters einer Krankenkasse zu unterwerfen. Die Krankenkasse und deren Sachbearbeiter haben jedoch einen systembedingten Interessenkonflikt, da sie an Kosteneinsparungen interessiert sind. Unter Beachtung der ausdrücklichen Gesetzesbegründung wird der Nachweis der Unzumutbarkeit seitens der Betroffenen schwer bis gar nicht zu führen sein. Die zu erwartenden langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen höchst ungleichen Parteien sind für schwerstkranke Menschen schlicht unzumutbar.
Soweit der Referentenentwurf mit seinen vorgeschlagenen Regelungen die Absenkung des allgemeinen Fachkräftemangels in der Pflege und die Beseitigung von Fehlversorgungen im Blick hatte, werden diese Ziele mit den beabsichtigten gesetzgeberischen Maßnahmen nicht zu erreichen sein. Insbesondere im Bereich der häuslichen Intensivpflege arbeiten qualifizierte Pflegefachkräfte, die ihren Beruf als Berufung verstehen und sich ganz bewusst für eine Tätigkeit im nichtstationären Bereich entschieden haben. Die erhofften Wanderungsbewegungen von Pflegepersonal hin zu den stationären Einrichtungen werden nicht zu einer signifikanten Absenkung des allgemeinen Fachkraftmangels in der Pflege führen.
Es ist wichtig, sämtliche Potenziale zur Beatmungsentwöhnung zu Gunsten der intensivpflichtigen Patienten auszuschöpfen. Insoweit begrüßen wir, wenn der Gesetzgeber die medizinische Rehabilitation durch die Schaffung von Anreizen verbessern möchte. Allerdings ist es für die Umsetzung dieser Verbesserungen nicht erforderlich, im Gegenzug die häusliche Intensivpflege für Erwachsene faktisch abzuschaffen und gegen eine grundsätzlich vollstationäre Versorgung zu ersetzen. Das gesetzgeberische Ziel, die Bedürfnisse von intensivpflichtigen Patienten besser zu erfüllen, wird aus Sicht von ProSpiro konterkariert.
Aus unseren Erfahrungen führt das selbstbestimmte Leben zu Hause im Kreise der Familie bei den von uns betreuten Patienten zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensqualität, zu einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes, zu einer Minimierung von im Krankenhaus erworbenen Infektionen und zu einer optimalen Entfaltung von Ressourcen. Darüber hinaus bietet die Pflege zuhause größtmögliche Mobilität verbunden mit einer Teilnahme am sozialen Leben von Patienten und Familie. Diese Vorteile kann eine vollstationäre Versorgung nicht anbieten.
Wir empfehlen daher dringend, diesen Entwurf zu überarbeiten und bieten in diesem Rahmen unsere Expertise als erfahrener Fachpflegedienst an. Die sich aus dem Entwurf ergebenden Chancen sollten genutzt werden, um künftig eine qualitativ gute und wirtschaftlich vernünftige Versorgung von Intensivpatienten zu ermöglichen.
ProSpiro Intensivpflege erbringt seit mittlerweile fast 20 Jahren Leistungen der häuslichen Intensivpflege für Kinder und Erwachsene im gesamten Bundesgebiet. Wir verfügen daher über langjährige Erfahrungen in der Versorgung von beatmeten und nichtbeatmeten Patienten in deren Zuhause und beschäftigten ausschließlich qualifizierte Pflegefachkräfte. ProSpiro Intensivpflege wurde von der DIGAB zertifiziert und qualifiziert daher seine Mitarbeiter zur „Pflegefachkraft außerklinische Beatmung“ weiter.
Für Rückfragen steht Ihnen Frau Constanze Westphal gerne zur Verfügung.
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ProSpiro Intensivpflege
Zentrum der Gesundheitsdienste Dresden GmbH
Frau Constanze Westphal
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