Von Frühmobilisation bis Schauerromantik – Symposium Intensivmedizin + Intensivpflege mit breitem Themenspektrum

Welche Probleme birgt die Anästhesie von Kindern? Wie eindeutig sind vermeintliche Tatsachen? Wie in kniffligen Fällen entscheiden und wo steht die Frühmobilisation? Nur vier der Themen beim Symposium Intensivmedizin + Intensivpflege von Mittwoch bis Freitag, 20. bis 22. Februar 2019, in der Messe Bremen und im Congress Centrum Bremen. Der Kongress bringt Teilnehmende in allen Kernfragen der Intensivmedizin und -pflege, in Notfallmedizin und Anästhesie, im Krankenhausmanagement und in berufspolitischen Fragen auf den neuesten Stand. Die Referenten schlagen aber immer auch ungewöhnliche Wege ein.
Zum Beispiel in die interdisziplinäre Zusammenarbeit, um Aspekte der menschlichen Gesellschaft und Kultur zu beleuchten: „In einer tristen Novembernacht … (und mit) … einer Beklemmung, die fast schon an Folterqualen grenzte, brachte ich die lebenspendenden Apparate in Position, um einen Funken des Seins in dieses leblose Ding zu meinen Füßen zu leiten.“ Eine Schlüsselszene aus Mary Shelleys „Frankenstein“ von 1818. Wie liest sich die Passage aus medizinischer, ethischer und theologischer Sicht 200 Jahre später? Darum geht es in einer Sitzung, bei der die Staatsanwältin der „Münster-Tatorte“ – die Schauspielerin Mechthild Großmann – Szenen liest. „Als Mediziner frage ich zum Beispiel, wie Frankenstein die Leichenteile für seine Kreatur beschafft und ihr Leben eingehaucht hat – der Gedanke an Leichenraub und Galvanismus liegt nahe“, sagt der Initiator der Sitzung, Professor Dr. Klaus Lewandowski aus Berlin.
Auch weitere Angebote bieten abwechslungsreiche Fortbildung, etwa ein „Science Slam“ um besonders gut verständliche Erklärungen. Ein Beispiel, das der wissenschaftliche Leiter des Wissenschaftliche Vereins zur Förderung der klinisch angewendeten Forschung in der Intensivmedizin e.V. (WIVIM), Professor Dr. Rolf Dembinski vom Klinikum Bremen-Mitte, empfiehlt: „Die letzten Geheimnisse der Anästhesie und Intensivmedizin“. Bezogen auf Beatmung etwa gilt zu viel Sauerstoff als schädlich. Dafür gebe es Belege, so Dembinski. Doch wisse man nicht, ab welcher Dosis Sauerstoff gefährlich werde. Solche Einsichten zu vermitteln, „kann Ärzte entlasten, sollten sie ein schlechtes Gewissen haben“, so Dembinski. „Sie geben nämlich eher viel Sauerstoff, weil eine Unterversorgung der Organe eindeutig schadet.“
Sorgen bereitet vielen Medizinern auch die Operation von Kindern. Sie fürchten etwa ein postoperatives Delir, bei dem die desorientieren Kinder wild um sich schlagen können. „Das kann extrem belastend sein“, sagt der Anästhesist Dr. Julius Z. Wermelt vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Es gibt aber Möglichkeiten vorzubeugen“, will Wermelt Ängste nehmen und verweist auf eine neue Leitlinie, an der er mitgearbeitet hat. Zu deren Empfehlungen zählen intravenöse Narkosen, da moderne Inhalationsmittel das Risiko erhöhen. Auch hilft es, Kinder mit Regionalanästhesie zu versorgen, denn Schmerzen steigern die Delir-Neigung ebenfalls.
Zu den großen Themenkomplexen gehören zudem aktuelle Aspekte der Pflege, etwa die Frühmobilisation, die heute als Goldstandard nach Operationen gilt. Peter Nydahl vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel, Sprecher des Netzwerks Frühmobilisation, berichtet unter anderem über eine neue amerikanische Studie mit 15.230 Patienten. Es fördert die Gesundung demnach besonders, die Mobilisation in eine Gesamtstrategie für den Patienten einzubauen, in die zum Beispiel auch die Familie eingebunden wird.
Den Kongress ergänzen unter anderem die BISS- (Bremer Intensiv-Starter) Seminare, das Seminarfür geburtshilfliche Notfälle im Rettungsdienst und das Master Class Symposium für Organisation und Management in der Intensivmedizin.
Das Symposium veranstalten der WIVIM, die Bremer HCCM Consulting GmbH sowie die Messe Bremen. Im Februar 2018 kamen 4.720 Teilnehmer zu dem Kongress. Mehr Informationen: www.intensivmed.de
10. August 2018