Wenn Immunzellen die Lunge angreifen

Die Erbkrankheit Alpha-1-Antitrypsinmangel wird oft zu spät erkannt, die Patientenorganisation Alpha1 Deutschland e.V. informiert und klärt auf:

Der Alpha-1-Antitrypsinmangel ist eine der weltweit häufigsten Erbkrankheiten. Betroffene können bereits im jungen Erwachsenenalter ein Lungenemphysem entwickeln, manche Alpha-1-Patienten erkranken sogar schon im frühen Kindesalter an der Leber. Trotzdem wird die Erkrankung auch in Fachkreisen noch weit unterschätzt. Unzureichend oder gar nicht behandelt kann die Erkrankung zu schweren Lungen- und Leberschäden und somit massiven Einschränkungen der Lebensqualität führen.Allein in Deutschland lebt jeder 50ste Bundesbürger mit einer Fehlinformation im Erbgut: dem Alpha-1-Antitrypsinmangel. Experten schätzen, dass in Deutschland ca. 12.000 Menschen an AAT-Mangel erkrankt sind. Nur etwa jeder Zehnte davon wurde bisher entdeckt bzw. diagnostiziert und somit richtig behandelt. Das ist eine hohe Dunkelziffer. Alpha-1-Patienten fehlt eine wichtige körpereigene Schutzfunktion vor allem in der Lunge, das Eiweißmolekül Alpha-1-Antitrypsin. Dieses wird normalerweise in der Leber hergestellt, ins Blut abgegeben und gelangt so zur Lunge.

Doch so weit kommt es bei Alpha-1-Patienten nicht oder nur unzureichend.  Aufgrund einer Genmutation entsteht defektes Alpha-1-Antitrypsin. Dieses kann lediglich in geringen Mengen ins Blut gelangen, denn ein Großteil davon verklumpt bereits in der Leber, bildet dort hartnäckige Ablagerungen und schädigt die Leberzellen. Deshalb können Betroffene bereits im Säuglings- und Kleinkindalter an einer kranken Leber leiden. Zudem ist die Anfälligkeit für ein Lungenemphysem signifikant erhöht. Die ersten Symptome zeigen sich häufig im jungen Erwachsenenalter in Form von ständiger Atemnot, Husten und Auswurf.

Körpereigener Schutz der Lunge fehlt
Die Erkrankung ist nicht heilbar. Doch mit einer frühzeitigen Diagnose sowie gezielter Therapie lassen sich die Organschäden begrenzen und die Lebensqualität der Patienten beträchtlich verbessern, dafür setzt sich die Patientenorganisation Alpha1 Deutschland ein.  Frühzeitig erkannt und behandelt können Betroffene ein erfülltes und eigenständiges Leben führen. Tabakrauch, Infektionen und andere Schadstoffe in der Luft wie Feinstaub sind für Alpha-1-Patienten fatal und sollten unbedingt gemieden werden.

Jeder Reiz in der Lunge aktiviert bestimmte Zellen des Immunsystems: die Granulozyten. Diese geben daraufhin die neutrophile Elastase ab, ein aggressives Verdauungsenzym, welches Fremdstoffe regelrecht zersetzt. Die Elastase kann jedoch nicht zwischen fremdem und körpereigenem Gewebe unterscheiden und greift bei jeder Immunreaktion auch körpereigenes Gewebe an. Dies zu verhindern ist die wichtigste Aufgabe des Alpha-1-Antitrypsins. Es schützt die gesunden Zellen, indem es dort die Elastase bindet und hemmt.

Diagnose wird oft zu spät gestellt
Bei Alpha-1-Patienten fehlt dem Lungengewebe dieser körpereigene Schutz. Es wird deshalb bei jeder Abwehrreaktion von der neutrophilen Elastase angegriffen und geschädigt: insbesondere die Trennwände der Lungenbläschen. Als Folge davon fallen sie in sich zusammen, verschmelzen und es entstehen große, sackartige Blasen: das so genannte Lungenemphysem. Der Körper kann immer weniger gut mit Sauerstoff versorgt werden. Der Patient leidet unter Atemnot, erst bei körperlicher Belastung, schlussendlich auch in Ruhe. Ohne rechtzeitige Therapiemaßnahmen können die Schäden irgendwann so groß sein, dass nur noch eine Lungentransplantation das Leben retten kann. Im Durchschnitt dauert es fünf bis sieben Jahre, bis ein AAT-Mangel diagnostiziert ist.

Die Patientenorganisation Alpha1 Deutschland e. V.
Alpha1 Deutschland e. V. wurde 2001 gegründet und ist eine der größten Alpha-1-Patientenorganisationen in Europa. Wir sind Mitglied bei der Achse und arbeiten eng zusammen mit anderen Patientenorganisationen. Zu unseren Zielen gehört es, den Betroffenen und deren Angehörigen den Alltag zu erleichtern, über die Krankheit zu informieren und Ängste zu nehmen. Dafür haben wir Kontakttelefone eingerichtet. Wir unterstützen regionale Selbsthilfegruppen und geben den Gruppenleiter/innen die Möglichkeit zur Fortbildung. Die Liste der Selbsthilfegruppen finden Sie auf unserer Internetseite www.alpha1-deutschland.org.

Das Gespräch und der Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten sind nach wie vor durch nichts zu ersetzen. Viele Patienten schöpfen durch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe neue Kraft, indem sie sehen, dass es anderen ähnlich geht wie ihnen selbst. Ein weiteres Ziel ist es, die Krankheit stärker ins Bewusstsein von Ärzten und Forschung sowie der Allgemeinheit zu rücken. Dafür nehmen wir teil an Veranstaltungen, Kongressen oder Symposien. Wir pflegen Kontakt zu Firmen, Behörden, Krankenkassen und auch internationalen Alpha1-Organisationen. Wir betreiben Öffentlichkeitsarbeit, um über die Erkrankung aufzuklären und organisieren regelmäßige Infotage für Erwachsene und Kinder. Dazu laden wir gezielt Referenten ein, die sich intensiv mit dem AAT-Mangel beschäftigen. Zweimal jährlich informieren wir unsere Mitglieder durch unser Alpha1-Journal. Hier kommen Mediziner, Selbsthilfegruppen und Mitglieder zu Wort.

Marion Wilkens

Alpha1 Deutschland e.V.
Pellwormweg 26a
22149 Hamburg
Tel: 040/85106168
Info: E-Mail: info@alpha1-deutschland.org

20. April 2016