Bis zu diesem Sommer wurden aber keine Schritte in Richtung „Abschaffung der Häuslichkeit für Intensivpatienten” getan. Jetzt aber geht es richtig rund. Denn Jens Spahn hat Ferienstimmung und Urlaubsfeeling genutzt, um mal so ganz nebenher einen neuen Gesetzesentwurf zu präsentieren. Die Außerklinische Intensivversorgung von beatmeten Patienten soll zukünftig nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Kinder ausgenommen, wobei sich hier dann direkt die Frage anschließt: Bis wann ist ein Kind ein Kind. Und was passiert, wenn es keines mehr ist? Wohngemeinschaften sollen zukünftig stark erhöhte Qualitätsanforderungen vorweisen. Keine schlechte Idee an sich. Aber, welche genau sollen das denn sein, wer soll das überwachen? Und – last but not least – sollen Kliniken höhere Anreize bekommen, Beatmungspatienten zu weanen. Also von der Beatmung zu entwöhnen. Auch gut. Aber, von welchen Betroffenen wird hier denn gesprochen. Von Differenzierung der verschiedenen Krankheitsbilder liest man nichts.
Was bedeutet all das für die Betroffenen. Finden sich Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose dann plötzlich in einem Altenheim wieder? Die SMA-1-Kinder verabschieden sich von ihren Eltern mit 18 Jahren und ziehen ins Pflegeheim. Und die junge Frau mit dem hohen Querschnitt kommt wo nochmal unter? All diese Menschen können nicht geweant werden. All diese Menschen haben ein Recht auf Selbstbestimmung und Inklusion. In einer Facheinrichtung, die sicherlich weder einen 1:1-Pflegeschlüssel noch einen 1:3- Schlüssel bieten kann, ist das vermutlich nur schwer umsetzbar. Außerdem sei die Frage erlaubt, wo diese Facheinrichtungen denn nun plötzlich herkommen sollen?
Gerechtfertigt wird dieser Gesetzesvorstoß übrigens mit der Sorge um den Betroffenen. Der habe schließlich ein Recht auf die bestmögliche Versorgung. Man müsse ihn schützen vor unlauteren Pflegeanbietern. Und die nichtbetroffenen Bürger glauben das. Schließlich war die Presse der vergangenen Zeit gespickt mit Horrorgeschichten aus der ambulanten Intensivversorgung. Was all diesen Berichten fehlte, war leider meist der fachliche Hintergrund. Und – so muss man mutmaßen – dieser scheint auch Jens Spahn zu fehlen. Zeit aufzustehen, und ihm zu erklären, um wen es eigentlich geht.
Quelle: www.beatmetleben.de