Sprechzeichen – Hilfsmittel zur Kommunikation

Sprechzeichen – Hilfsmittel zur Kommunikation
Als die Schöpfer von Sprechzeichen 2012 nach einem Hilfsmittel zur Kommunikation mit spracheingeschränkten Patienten suchten, waren sie sehr erstaunt: Eine leicht bedienbare Sammlung von Symbolen für den Pflegebereich, die es möglich macht, nonverbal Bedürfnisse zu definieren, gab es im deutschsprachigen Raum nicht. Auf dem Markt war nichts zu finden, was geeignet war, die Kommunikation mit Patienten zu erleichtern, welche motorisch nicht in der Lage sind sich mitzuteilen. Diverse Techniken, angefangen vom Versuch des Lippenablesens bis hin zu Schreibübungen am Klemmbrett, bringen in der pflegerischen Praxis nur selten den gewünschten Erfolg. Zurück bleiben oftmals erschöpfte und frustrierte Patienten, deren Anliegen nicht richtig gedeutet werden. Nur wenig besser ergeht es den Pflegekräften, die ihre ohnehin knapp bemessene Zeit einsetzen müssen, um die Bedürfnisse der Patienten zu erahnen.Als Andrea Sepperl und Peter Knoblich dann auch noch die Filmbiografie „Schmetterling und Taucherglocke“ über einen Journalisten sahen, der nach einem Schlaganfall an dem
Locked-in-Syndrom erkrankte, war das letztendlich der Auslöser zur Entwicklung von Sprechzeichen.

Nach über zwei Jahren der Entwicklung sind Sprechzeichen seit Juli in einer ersten Auflage in Deutsch und in einer Version für englischsprachige Patienten auf dem Markt. Bereits während der Entwicklungsphase ist Sprechzeichen klinisch getestet worden. Beurteilungen und Anregungen von Ärzten und Pflegepersonal sind in die Optimierung eingeflossen. Gesetztes Ziel war, Funktionalität und einfache Anwendbarkeit zu vereinen.

Herausgekommen sind 20 leicht verständliche Symbolkarten zu Grundbedürfnissen der Patienten. Zusammen mit einer Karte zur Schmerzlokalisation, einer Schmerzskala und einer Buchstabentafel zum Verfassen individueller Mitteilungen sind sie zu einem 10 mal 24 cm großen Fächer gebündelt.Sprechzeichen bilden auf jeder Karte einzelne Bedürfnisse in einfachen Piktogrammen ab. Der Patient kann sich gezielt auf jede Abbildung konzentrieren und diese einzeln „beantworten“. Somit wird eine Reizüberflutung verhindert.

Die Anwendung ist einfach: Pflegekräfte halten den Kommunikationsfächer so, dass Sie sowohl den Patienten als auch die Symbolkarten gut sehen können, die in drei Kategorien eingeteilt sind.

„Ich empfinde“ behandelt zum Beispiel Schmerz, Gemütszustand und Allgemeinbefinden. „Ich benötige“ enthält zum Beispiel die Themen Toilette, Essen und Trinken. In der Kategorie „Ich hätte gern“ geht es beispielsweise um Licht, Fernsehen oder einen Anruf durch das Pflegepersonal bei Angehörigen. Der Patient wählt durch eine vorher festgelegte „Ja/Nein“-Geste zunächst die gewünschte Kategorie aus, um im Anschluss in gleicher Weise die konkreten Bedürfnisse zu bestimmen. Gibt der Patient Schmerzen an, kann er diese durch die kombinierte visuell/numerische Schmerzskala am Ende des Fächers nach Qualität und Intensität sowie die Lokalisation und Ausstrahlung mittels Piktogramm kommunizieren. Des Weiteren beinhaltet Sprechzeichen eine Buchstabentafel. Hier kann der Patient individuelle Mitteilungen Buchstabe für Buchstabe diktieren.

Die Kommunikationshilfe Sprechzeichen richtet sich an zwei Zielgruppen. Zum einen an spracheingeschränkte motorisch aktive Patienten. Diese können Sprechzeichen selbst in den Händen halten. Durch Auswählen und Deuten auf die jeweiligen Piktogramme können sie sich den Pflegekräften eindeutig mitteilen. Bei motorisch passiven Patienten vereinbaren die Pflegekräfte vorab eine eindeutige Geste für „Ja“ und „Nein“. Das kann beispielsweise ein Blinzeln oder ein Fingerzeichen sein. Dies gibt dem Patienten nun die Möglichkeit, nonverbal zu antworten. Der Journalist aus dem Film „Schmetterling und Taucherglocke“ hat auf diese Weise sogar seine eigene Biografie diktiert.Sprechzeichen finden in allen Pflegebereichen Anwendung. Das sehr strapazierfähige Material ist wasserfest und wischdesinfizierbar. Es genügt somit auch den Hygiene-Standards im klinischen Bereich. Um den Kommunikationsfächer immer in greifbarer Nähe zu haben, kann dieser durch eine praktische Aufhängung direkt über dem Bett angebracht werden.

Die Schöpfer von Sprechzeichen Andrea Sepperl und Peter Knoblich arbeiten schon an der Weiterentwicklung ihrer Kommunikationshilfe. Neben weiteren Sprachversionen wie türkisch, arabisch und russisch, sind auch inhaltliche Erweiterungen geplant. Zudem werden weitere Einsatzbereiche für Sprechzeichen ins Auge gefasst, wie zum Beispiel der Einsatz im Rettungsdienst und in der Katastrophenhilfe.

Sprechzeichen sind eine effektive Möglichkeit, Kommunikationsbarrieren zu überwinden und nachhaltig Zeitressourcen in Pflege und Betreuung zu schonen. Und was den beiden Entwicklern besonders am Herzen liegt: Sprechzeichen helfen den Patienten, einen Teil ihrer Autonomie wiederzuerlangen denn  Sprechzeichen geben ihnen die Sprache zurück.

Quelle: Knoblich, Polocek, Sepperl

18. März 2015