Feinstaub enthält in der Regel chemische Komponenten, die Oxidationsreaktionen auslösen können. Solche Bestandteile sind Metalle wie Kupfer und Eisen aber auch organische Verbindungen, die aus Verkehrsemissionen, Zigarettenrauch und anderen Quellen stammen. Werden sie eingeatmet und im menschlichen Atemtrakt abgelagert, können sie Radikal-Reaktionszyklen auslösen und aufrecht erhalten, durch die reaktive Sauerstoffverbindungen in der Epithel-Oberflächenflüssigkeit gebildet werden. Diese Schicht bedeckt die Atemwege und die Lungenbläschen.
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine übermäßige Konzentration an oxidativen Stress verursachen kann. Das wiederum kann Zellen und Gewebe des Atemtrakts verletzten. Um zu verstehen, wie genau Luftverschmutzung zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen wie Asthma, Allergien und anderen Atemwegserkrankungen führt, ist die Charakterisierung der ROS-Bildung somit von entscheidender Bedeutung. Allerdings wurden die ROS-Produktionsraten und Konzentrationen, die durch Luftschadstoffe in der Epithel-Oberflächenflüssigkeit entstehen, bisher kaum quantifiziert.
Diese Lücke haben die Wissenschaftler aus Mainz und Irvine jetzt mit ihrer Studie geschlossen. Es können nun die bisher unbekannten ROS-Produktionsraten und charakteristischen Konzentrationen ermittelt werden, die in der Oberflächenflüssigkeit der Atemwege durch Luftschadstoffe erzeugen.
In der Reinluft von Regenwäldern liegen die PM 2,5-Konzentrationen typischerweise unter 10 Mikrogramm pro Kubikmeter. Unter solchen sehr sauberen Bedingungen bewirkt die geringe ROS-Menge, die durch inhalierten Feinstaub chemisch erzeugt wird, keinen oxidativen Stress.
In mäßig verschmutzter Luft mit PM 2.5-Werten zwischen 10 und 50 Mikrogramm pro Kubikmeter ist die durch Partikel erzeugte ROS-Menge ähnlich oder größer als der physiologische Hintergrundpegel. In stark verschmutzter Luft mit PM 2.5-Werten über 50 Mikrogramm pro Kubikmeter ist die durch Partikel erzeugte ROS-Konzentrationen so hoch, wie man sie beispielsweise in der ELF von Patienten mit akuten entzündlichen Erkrankungen der Atemwege findet. Außerdem kann eingeatmetes Ozon aus der Umgebungsluft den oxidativen Stress zusätzlich erhöhen, da es Antioxidantien wie zum Beispiel Ascorbinsäure in der ELF zerstört.
Die Modellergebnisse stimmen überein mit Epidemiologie-basierten Luftqualitätsstandards und Vorschriften der Weltgesundheitsorganisation und verschiedenen nationalen Umweltschutzbehörden. Diese zielen darauf ab, dass PM2,5-Konzentrationen von weniger als 20 bis 40 Mikrogramm pro Kubikmeter über einen Tag gemittelt und weniger als 10 bis 20 Mikrogramm pro Kubikmeter über ein Jahr gemittelt eingehalten werden.
Diese Studie liefert den ersten quantitativen Ansatz, um die chemische Wirkung und die Bedeutung von bestimmten Luftschadstoffen und einzelnen Feinstaubkomponenten wie Kupfer, Eisen, organische Aerosole und Ozon zu beurteilen, sagen die Forscher. In Übereinstimmung mit toxikologischen Untersuchungen zeigen die Modellrechnungen der Forscher weiterhin, dass Kupfer- und Eisen-Ionen zu den gefährlichsten Komponenten von Feinstaub gehören. Sie stammen überwiegend aus Verkehrsemissionen wie Brems- und Reifenabrieb, was diese zu besonders relevanten Zielen für die Luftreinhaltung macht.
Die Wissenschaftler erwarten, dass die neuartigen Exposition-Wirkungsbeziehungen und zusätzliche Modellrechnungen dazu beitragen werden, effiziente Kontrollstrategien gegen Luftverschmutzung zu entwickeln. Sie ermöglichen eine quantitative Abschätzung, um wie viel man die Emissionen und Umgebungskonzentrationen spezifischer Luftschadstoffe wie Kupfer, Eisen, organische Verbindungen oder Ozon verringern müsste, um die durch Luftverschmutzung erzeugte ROS-Menge im menschlichen Atmungstrakt zu reduzieren.