Das einzigartige Konzept von NEURO: Aktuelle Forschungsergebnisse und Entwicklungen zu Ursachen, Diagnostik und Therapieformen werden zweifach vermittelt, einmal für Fachpersonal und einmal für Betroffene. „Mediziner und Pflegende können sich hier einen Überblick über neue Präparate und Methoden verschaffen“, sagt Professor Dr. Per Odin, NEURO-Programmbeirat. Im Vergleich zu den 1990er-Jahren stünden heute 60 bis 70 Prozent mehr Substanzen zu Verfügung. „Etwa Dimethylfumarat oder Natalizumab, die den Krankheitsverlauf bei MS signifikant verlangsamen können“, erklärt der Neurologe. Über zukünftige Behandlungsmöglichkeiten für die Autoimmunkrankheit wird Professor Dr. Andrew Chan vom Inselspital Bern berichten.
Sein Dresdner Kollege, Professor Dr. Heinz Reichmann, spricht in Bremerhaven über Therapieformen beim Parkinsonsyndrom. Thema seines Vortrags sind auch neue Ansätze in der Diagnostik. „Viele Patienten leiden zu Beginn der Krankheit an Schlaf- oder Riechstörungen, bevor Symptome wie Versteifung und Zittern einsetzen. Kollegen weltweit forschen zu neuen Verfahren, die Prognosen ermöglichen, ob es sich bei derartigen Störungen um Parkinson im Frühstadium handelt oder andere Erkrankungen vorliegen.“ In Experimenten wurde beispielsweise nachgewiesen, dass das Darmmikrobiom Aufschluss über das Erkrankungsrisiko geben könne. Ziel sei es, mit entsprechenden Wirkstoffen den Krankheitsverlauf zu stoppen, so dass es bei den anfänglichen Schlaf- oder Riechstörungen bleibe.
Weitere Kongressthemen sind die Behandlung von Gedächtnisstörungen, Fatigue, Schmerzen oder von Blasen- und Sexualfunktionsstörungen bei MS und Parkinson. Zum Abschluss der Tagung diskutieren Experten, inwiefern die deutsche Gesetzgebung eine effektive und innovative Therapie verhindert. In Bezug auf die Zulassung von Arzneimitteln und die Einstellung der Kontrollbehörden sieht Prof. Reichmann ein Risiko für die deutsche Forschungslandschaft. Diese laufe Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Auch die Off-Label-Anwendung von Medikamenten wird dann ein Thema sein. „In Schweden etwa werden die meisten MS-Patienten mit einem Medikament behandelt, das arzneimittelrechtlich dafür nicht zugelassen, aber nur ein Viertel so teuer ist wie andere Optionen. Praktisch entstehen daraus kaum Konsequenzen, dennoch bewegen sich Mediziner in einer rechtlichen Grauzone“, erläutert Prof. Odin.
NEURO 2016 findet statt am Samstag, 3. September von 9.30 bis 17.00 Uhr im Conference Center des Atlantic Hotel Sail City in Bremerhaven. Der Kongress ermöglicht den Erwerb von Fortbildungspunkten. In der angeschlossenen Industrieausstellung informieren zum Beispiel pharmazeutische Unternehmen und Reha-Zentren über neue Therapieangebote. Der Eintritt beträgt für Betroffene 10 Euro, für Therapeuten und Pflegende 15 Euro sowie für Ärzte 20 Euro.
Weitere Informationen: www.neuro2016.de.