Im Portrait: St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten

Im Portrait: St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten
St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten: Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin verfügt über spezialisierten RICU-Bereich Das St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten mit 311 Betten verfügt über acht Fach- und eine Belegabteilung.
Träger der Klinik ist die KKRN Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH. Die Krankenhausgesellschaft ist einer der größten Arbeitgeber im Kreis Recklinghausen. Sie hat über 24 medizinische Fachabteilungen mit knapp 1.000 Klinikbetten und versorgt jährlich mehr als 35.500 stationäre Patientinnen und Patienten. Dem Verbund gehören neben der Dorstener Klinik das Gertrudis-Hospital Westerholt, das Marien-Hospital Marl und das St. Sixtus-Hospital Haltern am See an. Die KKRN GmbH ist Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Das Team der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin im St. Elisabeth-Krankenhaus hat sich seit vielen Jahren auf die Therapie von langzeitbeatmeten Menschen spezialisiert. Und das mit Erfolg: Weil in jüngster Zeit immer mehr Patienten zur Entwöhnung vom Beatmungsgerät ins Dorstener Krankenhaus überwiesen wurden, erhöhte man die Zahl der Betten auf der RICU-Einheit (RICU steht für: Respiratory Intensive Care Unit) von fünf auf acht. Zusätzlich stehen nach Bedarf Betten auf der interdisziplinär geführten Intensivstation zur Verfügung. „Im Jahr 2014 haben wir rund 110 Patienten behandelt – so viele wie noch nie“, sagt Dr. Norbert Holtbecker. Gemeinsam mit Dr. Hermann Thomas leitet er die RICU-Einheit.Dass die Zahl der Menschen steigt, die über einen längeren Zeitraum auf eine maschinelle Beatmung angewiesen sind, führt Thomas auf zwei Gründe zurück: „Zum einen nehmen chronische Lungenerkrankungen zu; zum anderen können wir heute dank moderner Narkoseverfahren und chirurgischer Methoden auch immer öfter betagte Menschen operieren.“ Diese beiden Patientengruppen sind jedoch häufig multimorbide, leiden also an mehreren Erkrankungen gleichzeitig. „Oft sind dann auch die Atemwege so schwer beeinträchtigt, dass diese Menschen phasenweise nicht mehr selbständig atmen können. Für uns steht am Beginn der Behandlung immer die Frage: Wie sieht die individuelle Situation des Patienten aus? Welche Erkrankung hat dazu geführt, dass er nun langzeitbeatmet wird?“, erklärt Holtbecker.

Die Patienten, die auf die Spezialstation ins St. Elisabeth-Krankenhaus verlegt werden, kommen aus den umliegenden Krankenhäusern und in jüngster Zeit auch aus dem Universitätsklinikum Münster. In der Regel liegen bereits mehrere missglückte Weaning-Versuche hinter ihnen. Doch es gibt neue Konzepte, wie man eine kontrollierte Entwöhnung von der Maschine auch bei schwer kranken Menschen erfolgreich durchführt. „Heute können viele Patienten von einer Langzeitbeatmung entwöhnt werden. Damit wird viel für Lebensqualität und Prognose erreicht“, erläutert Thomas.

Den beiden Medizinern steht bei ihrer Arbeit auf der RICU-Einheit ein großes Team zur Seite: An den regelmäßig stattfindenden Besprechungen nehmen Fachärzte, speziell in Beatmungsmedizin ausgebildete Schwestern und Pfleger, Physiotherapeuten, Seelsorger und Mitarbeiter des Sozialdienstes teil. Jeder einzelne Patient wird dort vorgestellt und dann ein individuelles Konzept entwickelt: Wie sehen die Nahziele aus? Wie die Fernziele? Wie können wir die Mobilisierung des Patienten gestalten, um Gelenkversteifungen und Bewegungseinschränkungen zu vermeiden? Haben die Patienten Schwierigkeiten mit dem Schlucken und Sprechen, so dass wir zur Unterstützung einen Logopäden in die Therapie mit einbinden müssen? Was braucht der Patient nach dem Klinikaufenthalt möglicherweise an weiterführenden Hilfen in der häuslichen Versorgung? Benötigt er seelsorglichen Beistand?

Erste Voraussetzung für ein erfolgreiches Weaning ist in der Regel die Anlage einer Trachealkanüle. Dabei schafft man durch einen kleinen Einschnitt in Hals und Luftröhre einen künstlichen Luftweg, in den eine Kanüle eingelegt wird. Sie löst die Beatmung durch den Tubus ab. „Erst dank einer Trachealkanüle haben wir die Möglichkeit, die Patienten wach werden und sie wieder phasenweise spontan atmen zu lassen“, so Holtbecker. Ist der Patient nach der Zeit der Eigenatmung erschöpft und benötigt künstliche Unterstützung, dann wird das Beatmungsgerät wieder an die Trachealkanüle angeschlossen. Das Team der Weaning-Station versucht nun, die Phasen, in denen der Patient spontan atmet, kontinuierlich auszudehnen. Anfangs sind es vielleicht nur fünfzehn Minuten, in denen der Patient selbständig Luft schöpft; nach einigen Tagen vielleicht schon mehrere Stunden. Während der ganzen Zeit werden in der Überwachungseinheit Lungenfunktion, Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung des Blutes und Abatmung des Kohlendioxids überprüft.

Um diesen Prozess des Weanings kontrolliert zu steuern, braucht man ein auf den jeweiligen Patienten zugeschnittenes individuelles Konzept – vor allem jedoch ein erfahrenes Team. „Unsere Schwestern und Pfleger können sicher einschätzen, wie belastbar die Spontanatmung bereits wieder ist und wann jemand so erschöpft ist, dass er erneut beatmet werden muss“, sagen die beiden Chefärzte. Eine große Bedeutung im Konzept der Dorstener Klinik hat Marius Hackfort. Er ist Atemtherapeut und gehört damit zu den noch wenigen Fachkräften in Deutschland, die diese berufsbegleitende Ausbildung absolviert haben. In seiner Funktion ist er so etwas wie die Schnittstelle zwischen Medizinern und Pflegekräften und stets der erste Ansprechpartner, wenn Probleme mit der Maschine oder der Beatmung auftreten. Vor allem aber ist er für die Patienten ein wichtiger Begleiter auf dem Weg zurück ins Leben. Er strahlt Ruhe und Sicherheit aus. Das ist für die Patienten enorm wichtig: Denn die Atemnot ist bei den Patienten ein ständiger Begleiter und löst Angst und schlimmstenfalls Panik aus. „Für mich ist es wichtig, den Patienten in der schwierigen Zeit der Entwöhnung immer wieder zu signalisieren, dass ich da bin und dass ich notfalls jederzeit eingreifen kann. Und ich bestärke die Patienten bei ihren Fortschritten. So kann ich ihnen Mut machen und Zuversicht geben, dass die Entwöhnung gelingen wird“, schildert der Atemtherapeut.

Das Weaning ist zwar für die Menschen körperlich sehr anstrengend, aber dennoch auch eine Phase voller Hoffnung und Zuversicht. „Die Patienten blühen richtig auf, wenn die Zeitspannen, in denen sie noch eine künstliche Beatmung benötigen, immer weiter verkürzt werden“, berichtet Holtbecker. Bei manchen ist das Weaning bereits nach wenigen Tagen abgeschlossen; bei wieder anderen, die unter schweren Grunderkrankungen leiden, kann die Entwöhnung aber auch mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Deshalb legt das Team im St. Elisabeth-Krankenhaus großen Wert auf ein angenehmes Ambiente und eine persönliche Atmosphäre. „Wir machen fast alles möglich, was den Patienten gut tut“, versichert Thomas. Eine wichtige Rolle im Genesungsprozess spielen die Angehörigen. „Starre Besuchszeiten gibt es bei uns nicht. Und wenn Familienmitglieder von weit her kommen, um ihre Angehörigen zu besuchen, kümmern wir uns auch um eine Übernachtungsmöglichkeit“, sagen die beiden Chefärzte.

„Möglichst wenig Technik“: So formulieren die Mediziner im St. Elisabeth-Krankenhaus den Idealfall, wenn Patienten wieder in ihre häusliche Umgebung zurückkehren. Und in rund 70 Prozent aller Fälle gelingt es dem Dorstener Team, die Lungenfunktion ihrer Patienten so weit wiederherzustellen, dass sie das Krankenhaus ohne Trachealkanüle und invasive Beatmung verlassen können. Wer jedoch auch nach dem Klinikaufenthalt eine Atemunterstützung benötigt, wird bereits im Krankenhaus mit dem Verfahren der nicht-invasiven Beatmung vertraut gemacht. Mit Hilfe einer Nasen- oder Mund-Nasen-Maske und eines dafür geeigneten Beatmungsgerätes kann dann auch zuhause eine Beatmungsphase, etwa über Nacht, gesichert werden. „Dadurch entspannt sich die Atemmuskulatur und kann sich erholen“, so Holtbecker.

Viel Kompetenz, Erfahrung und Sensibilität sind nötig, damit der Weg zurück ins Leben erfolgreich ist. Doch in den meisten Fällen gelingt er. Und die Patienten danken für dieses Engagement mit der höchsten Währung, die ihnen zur Verfügung steht: ihrem Vertrauen.

Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin
Pfarrer-Wilhelm-Schmitz-Str. 1
46282 Dorsten
Telefon: 02362 29-55203
www.kkrn.de
E-Mail: pneumologie.dorsten@kkrn.deLeitung:
Dr. Norbert Holtbecker, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Umweltmedizin, Schlafmedizin und medikamentöse Tumortherapie.

Dr. Hermann Thomas, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Umweltmedizin, Schlafmedizin, Sportmedizin, Infektiologie und medikamentöse Tumortherapie.

Betten: 50
Team: 10 Ärzte

18. März 2015