Rauchen in der Schwangerschaft verändert das Erbgut des Kindes

Die Epigenetik erklärt, wie identische Erbinformationen unterschiedliche Zellen erzeugen – oder gar ganze Lebewesen. Es ist eine Art Gedächtnis für Gene und bestimmt, welche verwendet und welche abgeschaltet werden. Verschiedene äußere Einflüsse können diese Prozesse stören.
Wenn Mütter während der Schwangerschaft rauchen, beeinflussen sie auch die epigenetische Programmierung des Erbguts ihres noch ungeborenen Kindes. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg und der Universität Heidelberg haben herausgefunden, dass diese Veränderungen nicht auf einzelne DNA-Regionen begrenzt sind. Sie lassen sich stattdessen im gesamten Erbgut der Kinder nachweisen (siehe Molecular Systems Biology 2016, Band 12/3, Seite 861)..
Für ihre aktuelle Arbeit hat das Wissenschaftlerteam Mutter-Kind-Paare aus der LiNA-Studie (Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko) beobachtet. Dabei wurden Mütter verglichen, die während der Schwangerschaft geraucht haben und Mütter die nicht geraucht haben. Gemeinsam mit den Genomforschern um Prof. Dr. Roland Eils, der im DKFZ und der Universität Heidelberg arbeitet, haben die Wissenschaftler das Epigenom der Mütter und Kinder untersucht.
Epigenetischen Veränderungen ließen sich sowohl bei den rauchenden Müttern als auch im Nabelschnurblut der neugeborenen Kinder nachweisen. Dabei haben die Forscher festgestellt, dass durch das Rauchen besonders häufig so genannte Enhancer-Regionen im Erbgut beeinflusst werden. Das sind DNA-Abschnitte, die eines oder gleich mehrere Gene zu bestimmten Zeitpunkten aktivieren. Die Forscher zeigen in ihrer Arbeit ein Beispiel für die Folgen eines fehlregulierten Enhancers: Das Enzym JNK2 ist an der Entstehung von Entzündungsreaktionen beteiligt. Wird nun der Enhancer beeinflusst, der JNK2 aktiviert, kann dies das Risiko für Lungenerkrankungen im späteren Leben der Kinder erhöhen.
Gleichzeitig haben die Wissenschaftler festgestellt, dass die zur Geburt im Nabelschnurblut beobachteten epigenetischen Effekte auch noch mehrere Jahre nach der Geburt nachweisbar sind. In ihrer Analyse haben die Wissenschaftler mehr als 400 Enhancer ausgemacht, die vom Tabakrauch betroffen sind. Diese regulieren Gene, die unter anderem bei Diabetes, Fettleibigkeit oder sogar Krebs eine Rolle spielen. Die Erkenntnisse dieser Arbeit sollen Ansatzpunkte für neue Therapieoptionen von umweltbedingten Erkrankungen liefern.Quelle

14. Juni 2016