Reisen mit Beatmung

Reisen mit Beatmung
Urlaub ist für viele Menschen die schönste Zeit des Jahres. Ob Erholung am Strand, Sightseeing bei einem Städtetrip oder Camping am Bodensee, im Zeitalter der Mobilität sind der Fantasie kaum noch Grenzen gesetzt. Für beatmete Menschen ist das Reisen jedoch nicht spontan und problemlos möglich, aber längst nicht unmöglich. Mit einiger Vorbereitung und dem richtigen Reiseziel und Transportmittel können auch heimbeatmete Menschen einen tollen Urlaub außerhalb der eigenen vier Wände genießen.

Reiseziel festlegen

Gerade Menschen, die beatmet werden, sollten ihr Reiseziel sorgfältig auswählen und einige Aspekte abwägen z.B. das Klima. Das Klima am Urlaubsort ist nicht unwichtig für einen reibungslosen Aufenthalt. Generell sollten extreme Klimata gemieden werden, denn sowohl zu trockene als auch zu feuchte als auch zu heiße oder kalte Luft kann die Atemwege reizen und auf Dauer sehr anstrengend werden. Reiseziele wie Sahara, Arabische Wüste aber auch Thailand oder Indonesien sollten deshalb gemieden werden. Eine Reise in diese Gebiete könnte kräftezehrend werden. Bei hoher Luftfeuchtigkeit zum Beispiel sammelt sich viel mehr Sekret in den Atemwegen an, das dann natürlich auch öfter abgesaugt werden muss.Verkehrsmittel – Ist eine Flugreise mit Beatmung möglich?
Während Fliegen für Rollstuhlfahrer mittlerweile fast reibungslos möglich ist, stoßen gerade heimbeatmete Menschen leicht an Grenzen. Da in einem Flugzeug völlig andere Druckverhältnisse als auf der Erde herrschen, gibt es einiges zu beachten, um gefährliche Situationen zu vermeiden. Für lungen- oder muskelkranke Menschen mit Heimbeatmung ist Fliegen grundsätzlich möglich, wenn auch mit Ausnahmen. Denn mit steigender Höhe nimmt der Luftdruck ab, wodurch das Atmen schwererfällt und der Sauerstoffpartialdruck in der Lunge sinkt. Am Boden herrscht ein Druck von 1.024 hPa, während auf Reiseflughöhe von 11.000 Metern nur noch ein Außendruck von 226 hPa herrscht. Selbst gesunde Menschen spüren nach einem Langstreckenflug die Folgen dieses Druckunterschieds. Abgeschlagen-heit, Müdigkeit und Druck auf den Ohren sind nach längeren Flugreisen keine Seltenheit. Menschen mit Atmungs-schwierigkeiten können bei dieser Höhe bereits Atemnot bekommen. Wenn heimbeatmete Menschen eine Flugreise antreten möchten, sollten sie sich daher zuerst an ihren behandelnden Pneumologen wenden. Denn nur der behandelnde Arzt kann die Flugtauglich-keit feststellen. Manche Fluggesellschaften verlangen vor Antritt des Fluges ein ärztliches Attest, das die generelle Flugreisetauglichkeit feststellt.
Die Flugtauglichkeitsbescheinigung darf bei Reiseantritt nicht älter als 14 Tage sein.

Sauerstoffversorgung und Beatmung Flugzeug
Wenn Sie während des Fluges eine Sauerstoffversorgung benötigen, sollten Sie noch vor der Buchung des Fluges bei der Airline Informationen einholen, da die Regelungen je nach Fluglinie stark variieren können. Manche Anbieter stellen Sauerstoff gegen eine Gebühr zur Verfügung, bei anderen muss die Mitnahme des eigenen Geräts beantragt werden, da kein Sauerstoff zur Verfügung gestellt wird. Auch das Volumen des Sauerstoffs, das mitgenommen werden darf, variiert stark. Da medizinischer Sauerstoff als Gefahrgut gilt, darf er nur in speziellen Behältern transportiert werden, die das Gewicht von 5 kg nicht überschreiten. Zudem darf ausschließlich gasförmiger Sauerstoff mit an Bord genommen werden, Flüssigsauerstoff ist bei Flugreisen nicht erlaubt. Beat-mungsgeräte können während des Flugs benutzt werden, wichtig ist jedoch, dass die Fluggesellschaft mindestens 48 Stunden vorab über das Beatmungsgerät informiert ist. Zudem sollte die Stromzufuhr durch Akkus gesichert sein, da die Stromquelle des Flugzeugs nicht genutzt werden darf. Erlaubt sind allerdings nur Lithium-Ionen-Akkus mit max. 160 Wh. Ein OpenPack bzw. PowerPack ist im Flugverkehr nicht gestattet.

Kreuzfahrt mit Beatmung

Auch eine Kreuzfahrt ist für beatmungspflichtige Menschen möglich. An Bord eines Kreuzfahrtschiffes können Gäste meist ohne Probleme ihre Sauerstoff- oder andere Beatmungsgeräte mit an Bord bringen. Leider bieten nur wenige Schiffe einen eigenen Dienst hierfür an. Mit der Kreuzfahrtgesellschaft “ Sea Cloud“ können Sie zum Beispiel auch mit Apnoe sorgenfrei reisen. Hierbei muss vorab angegeben werden, ob und dass ein Beatmungsgerät mitgebracht wird, sodass die Information rechtzeitig ans Schiff gehen kann. Auch „Carnival Cruise Lines“ ist für eine Sauerstofftherapie ausgestattet. Die Reederei weist zusätzlich darauf hin, dass Ihr Medizintechnikunternehmen oder Sanitätshaus die Reederei kontaktieren sollte, da sonst keine problemlose Zolleinführung gewährleistet werden kann. Die „TUI Cruises GmbH“ gibt jedoch den Hinweis: „Die Stromversorgung eines Schiffes ist nicht identisch mit Haushaltsstromversorgung an Land. An Bord kann keine gleichbleibende Qualität des Netzstroms gewährleistet werden. Zusätzlich weicht die Frequenz an Bord (ca. 60 Hz) von den Frequenzen an Land (i.d.R. 50 Hz) ab.“ Auf der „Mein Schiff Flotte“ sind zudem ausschließlich Schlafapnoe-, Inhalations- und Beatmungsgeräte sowie Sauerstoffkonzentratoren erlaubt, die mit Umgebungsluft arbeiten. Bevor Sie eine Kreuzfahrt planen, sollten Sie zuerst Kontakt mit der Kreuzfahrtgesellschaft aufnehmen und sich gründlich über die Bestimmungen an Bord informieren, denn auch hier gibt es Unterschiede.

Generell gilt: Planung ist alles
Egal mit welchem Verkehrsmittel beatmungspflichtige Menschen reisen, eins gilt jede Urlaubsreise mit Beatmung: Die Reise muss gründlich durchgeplant werden, um auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Das weiß auch die Pflegefachkraft Christina Herget, die in der Intensivpflegeabteilung der Familien und Krankenpflege in Bochum arbeitet. Sie begleitete 2011 eine Kundin nach Holland in den Urlaub. Gemeinsam mit einer Kollegin organisierte sie alles über Monate im Voraus, nichts blieb dem Zufall überlassen. Mit zwei Autos, beladen mit technischer und pflegerischer Ausrüstung für eine Woche, machte sich das Pflegeteam mit der Patientin auf den Weg in Richtung Nordsee. Und trotz aller Planung rät sie: „Vorort muss immer eine ärztliche Versorgung gegeben sein. Und ein Sanitätsfachgeschäft falls doch mal etwas fehlt.“ Zudem empfiehlt Christina Herget frühzeitig mit der Urlaubsplanung zu beginnen (mindestens 3-Monate vor Reiseantritt), bei der Planung mit Checklisten zu arbeiten, um nichts zu vergessen und sich frühzeitig mit dem Sauerstofflieferanten zusammenzusetzen.

Quelle: AirMediPlus 1-17

18. Juli 2017